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Zeit für bisexuelle Grammatik-Freibeuter: Unterschätzte Monate: September (Kolumne FN September 2024)

Kolumne "Das letzte Wort"
Arnd Rühlmann

Manche Monate wirken sympathischer als andere. So ist der September vermutlich für alle, die an eine bayerische Schule gingen, schon seit Kindertagen wegen des Ferienendes als unbeliebt gebrandmarkt.
Dabei hat dieser Zeitabschnitt durchaus Ergötzliches zu bieten. Zugegeben, die Tage werden merklich kürzer, der Sommer ist endgültig dahin. Ende September schließt dann auch das Hainbad seine Pforten, weil die Gründe, in die Regnitz zu gehen, im Herbst andere sind als noch im August. Aber – juhu! – dafür gilt endlich wieder der normale Fahrplan für den ÖPNV, was die Wahrscheinlichkeit, mit dem Bus noch am gleichen Tag von Bamberg-Ost ins Berggebiet zu kommen, drastisch erhöht.
Gesetzliche Feiertage mit Prozessionen und schulfrei hat der September leider nicht zu bieten, aber die „Tage des Denkmals“ am 07. und 08.09. sind Pflichtveranstaltungen in unserer Welterbestadt, und es lohnt sich durchaus, mal in den Kalender zu gucken, welche Gedenk- und sonstigen Tage es denn da so noch gibt:
Während ich noch überlege, was wohl passende Aktivitäten für den „Tag des Zebrastreifens“ am 01. oder den „bundesweiten Kopfschmerztag“ am 05. wären, freue ich mich schon auf den „Minigolf-Tag“ am 21. und den „Internationalen Sudoku-Tag“ am 09.; den amerikanischen „Tag des Eierwerfens“ am 06. werde ich mit Freunden aus den USA verbringen und am 23., dem „Tag der Bisexualität“, vielleicht mal meinen Horizont erweitern.
Und auch wenn der September sich anfühlt, als befände man sich im kulinarischen Niemandsland zwischen Schwimmbadpommes und Eiswaffel einerseits und Glühwein mit Lebkuchen andererseits, ist er doch eine Festzeit für Genießer:innen: Z. B. wären da am 04. der „Tag der Currywurst“, der „Welt-Kokosnuss-Tag“ am 02. und am 07.09. “Tag des Schinkens“. Wer auf die Linie achten möchte, kann am 21. beim „Iss-einen-Apfel-Tag“ mitfuttern oder am 27. den „Tag des Deutschen Butterbrots“ feiern.
Besonderer Beliebtheit erfreut sich ja seit Jahren der internationale „Sprich-wie-ein-Pirat-Tag“ am 19.09., der angeblich besonders Spaß machen soll, wenn man in einer Bank oder Behörde arbeitet, jeden Satz mit „Arrr!“ beginnt und Klient:innen mit „Ahoi, ihr elenden Landratten“ begrüßt.
Doch ich als Sprachfetischist („Tag der deutschen Sprache“ am 14.!) fand dann einen Tag am feiernswertesten, von dessen Existenz ich vor meiner Recherche für diese Kolumne nicht das Geringste ahnte, nämlich am 09.09. den „Internationalen Tag des typografisch richtigen Apostrophs“. Für heuer habe ich mir vorgenommen, diesen vermutlichen Lieblingsfeiertag aller Menschen, die am Grammatik-Pedanterie-Syndrom (GPS) leiden – ja, auch das gibt’s wirklich! – an „Traudl’s Imbiss“ zu feiern und dort ab und zu einen vorbeigehenden Vegetarier zu umarmen, obwohl der internationale „Hug a Vegetarian Day“ eigentlich erst am 27. stattfindet.

Arnd Rühlmann

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