Es dezembert im Kalender, und in den sozialen Netzwerken häufen sich – alle Jahre wieder – Statements wie: „Hierzulande feiern wir Weihnachten! Kein buntes Lichterfest und kein Winterfest!“
Wäre ja auch zu viel verlangt, ausgerechnet zum Fest der Liebe noch Toleranz gegenüber Andersfeiernden aufkommen zu lassen. Nein, was das Christfest betrifft, da sind wir Deutschen durch und durch traditionsbewußt: Für Maria und Joseph war schließlich auch kein Platz in der Herberge, warum soll es da heutigen Asylsuchenden besser gehen.
Offenbar keinen Bock auf den – mittlerweile auch schon traditionellen – Shitstorm hatten in diesem Jahr scheinbar die Betreiber der Penny-Supermärkte und haben ihren „Zipfelmann“ aus dem Sortiment genommen, über den engagierte Wutbürger:innen sich seit 2006 regelmäßig echauffieren konnten, weil er widerlich woke und völlig verschwult war und eben nicht „Weihnachtsmann“ hieß.
Höchst bedauerlich. Mal abgesehen davon, dass die mental herausgeforderten Traditionsnationalist:innen, weil sie in diesem Advent keine blutrünstigen Boykottaufrufe in die Welt brüllen müssen, zusätzliche Freizeit gewonnen haben, hatten die Discount-Verantwortlichen im vergangenen Jahr noch zusätzlich die schöne Idee, die umstrittene Schokohohlfigur genderneutral in „Zipfelmensch“ umzubenennen. Da sind bestimmt ein paar AfD-Wähler:innen die letzten Gehirnzellen explodiert.
Ich persönlich habe den weihnachtlichen Genderwahnsinn ja nie ganz verstanden: Wer da in der heiligen Nacht im roten Mantel durch den Kamin rutscht (Was für eine gruselige Vorstellung!), muss nach Vorstellung der Leitkulturbeflissenen zwingend ein maskuliner Bartträger sein, auch wenn innerfamiliär ja landläufig zumeist Mutti für die Geschenke zuständig ist.
Hingegen ist es selbst für extrem Konservative völlig in Ordnung, dass der laut Kirchenlehre unzweifelhaft männliche Gottessohn (Wo kämen sonst die ganzen als Reliquien so beliebten Vorhäute Christi her?) sich im Advent in ein blondgelocktes Mädchen verwandelt und Glühwein bewirbt.
Sinn ergibt das alles keinen – aber ist das nicht gerade das Schöne an diesem mystischen und magischen Fest zur Wintersonnenwende? Ich jedenfalls würde mir wünschen, dass am 25. Dezember Menschen jeglichen Geschlechts in friedlicher Eintracht beieinander sitzen und sich mit kleinen Präsenten gegenseitig Freude machen.
Und so wie ich Kinder kenne, ist denen völlig egal, welches Geschlecht die mehr oder weniger gezipfelte Person hat, die ihnen die Geschenke unter die Nordmanntanne legt. Hauptsache es ist keine Unterwäsche.
P.S.: Warum überraschen Sie Ihre Lieben heuer nicht mal mit einem ukrainischen Weihnachtsbrauch? Dort schmückt man den Baum mit aus Draht oder Wolle gefertigten Netzen, in deren Mitte silberne Spinnen sitzen. Das könnte doch lustig werden!
Arnd Rühlmann