
Ich lese keine Nachrichten mehr. Nach dem erwartungsgemäß unerfreulichen Ergebnis der Bundestagswahl hat eh keiner mehr Bock auf Politik. Währenddessen zertrumpeln die Reichen und Mächtigen der Welt ungeniert Freiheit und Menschenwürde, und ob der Papst noch bis zum Erscheinen dieser Ausgabe durchhält, ist auch fraglich.
Auch der Blick ins Lokale ist mehr als unerfreulich. Wenn man mit ansehen muss, wie Party-Populist Klaus Stieringer sich nun gemeinsam mit seiner Busenfreundin Daniela Reinfelder endlich genüsslich und ganz öffentlich in dem rechts-braunen Schlammloch suhlt, mit dem er schon seit so vielen Jahren geliebäugelt hat. (Bitte verzeihen Sie mir die drastische Metaphorik und versuchen Sie in Ihrem eigenen Interesse auf keinen Fall, sich das bildlich vorzustellen!)
Zum Glück ist der März prädestiniert für den Rückzug ins Private: Die Tage werden länger, die Sonnenstunden wärmer, und dank der von Mutti Natur so zauber- und zwanghaft eingerichteten Frühlingsgefühle fällt am 20. März um 10:01 der Startschuss. Dann können wir uns endlich wieder alle auf das Eine konzentrieren: Die menschliche Kopulationsbereitschaft und ihre Umsetzung, inklusive Begleiterscheinungen wie Frisurenmode, Bikinidiät und der aktuellen Trendfarbe „Greige“. (Kein Scherz!)
Deshalb diesmal keine politischen Kommentare von mir an dieser Stelle, lieber lasse ich jahreszeitliche Lyrik sprechen:
Lenz
Frühling lässt sein blaues Band
flattern um die Hypophyse.
Nun kriegt die Hirnanhangdrüse
wieder einen draufgebrannt.
So verschwitzt sich allerlei,
nur die Augen bleiben trocken.
Herpes, Schanker, Gonokokken
tanzen fröhlich in den Mai.
Wer denkt jetzt noch an Hygiene?
Denn im Rausch der Pheromone
Wird schließlich aus jeder Zone
– Rutsch-flutsch! – eine erogene.
Herzen schlagen laut. Körper schwellen schneller.
Frühling, ja du bist’s –
sperrt mich in den Keller!
Arnd Rühlmann