„Es geht kunstvoll eng zu in Bamberg“
STADTRADELN: VCD und evangelisches Bildungswerk laden zum Radverkehrsvortrag
Der VCD-Verkehrsclub Bamberg lud zusammen mit dem Evangelischen Bildungswerk, im Rahmen der STADTRADELN-Kampagne zu einer Diskussionsveranstaltung zum Thema „Zur Zukunft des Radverkehrs in Bamberg“. Veranstaltungsort war der Stephanshof am Stephansberg. Das Impulsreferat hielt Bambergs Baureferent Thomas Beese und stellte seine Sicht der Dinge zur Diskussion, wo Bamberg in Sachen Radverkehr heute steht und wie die Zukunft sich darstellen könnte. ehlt es den radaffinen Potentialen im Stadtrat einfach an Unterstützung durch das radaktive Umfeld?
Die Ausgangssituation für jede Art von Verkehr sei eher schwierig in Bamberg, so Baureferent Thomas Beese: „Bamberg ist eine echte europäische Stadt, mit sehr engen Gassen. Es geht hier kunstvoll eng zu.“ Dennoch oder gerade deshalb hätten Fahrräder aufgrund der kürzeren Wege, fast durchgängig Fahrzeitenvorteile. Hinzu kommt, dass man in Bambergs Innenstadt wohnt. Das kleine Gemeindegebiet hat schon in der Vergangenheit verhindert, dass allzu viele Familien auf die „Grüne Wiese“ abwandern würden. Die aktuelle Entwicklung der innerstädtischen Brachen verstärkt den urbanen Wohntrend in Bamberg. Die Fakten zum Radverkehr in Bamberg seien zunächst positiv: Auf beinahe allen innerstädtischen Strecken gäbe es mittlerweile Fahrradwege. „Wo immer der Stadtrat Verbesserungen für den Radverkehr beschließt, werden diese auch angenommen, so Beese. Noch 2014 seien zum Beispiel drei der Brücken über die Regnitz für den Radverkehr gesperrt gewesen. Heute sind sie geöffnet und werden hervorragend angenommen. Wann immer neue Fahrradstellplätze geschaffen werden, sind diese auch voll. Auch das Radhaus ist eine, so Beese „wunderbare Anlage. Die Akzeptanz wächst, wenngleich langsam.“
Als Beispiel für die steigende Radnutzung in Bamberg nennt Beese Fakten zur Verkehrszählung auf der Kettenbrücke. Bei einer Zählung vor rund 20 Jahren fuhren dort noch 4491 Autos und 2697 Fahrräder. Bei einer erneuten Zählung im Jahr 2012 ergab sich nicht nur die beeindruckende Zahl von 10536 Fußgängern, die wochentags die Brücke überschreiten, sondern auch von 5223 Fahrrädern gegenüber nur noch 1877 Autos. Damit herrscht dort die höchste Radverkehrsfrequenz in ganz Bamberg. Seit Betrieb der neuen Kettenbrücke hat sich dort kein einziger Unfall ereignet.
Als weitere Beispiele für die positiven Entwicklungen für den Radverkehr nannte Beese den neugestalteten Radweg am Pfisterberg, die Kreuzung Regensburger Ring – Magazinstraße oder die Gestaltung von Wilhelmsplatz und Wilhelmstraße.
Das Thema Radverkehr werde in Bamberg seit vielen Jahren groß geschrieben: Als Beispiele nannte Beese die in der Stadt angebrachten Radverkehrswegweiser, die positiven Entwicklungen des Radtourismus, die angebotenen Fahrsicherheitstrainings für Senioren oder Menschen mit Migrationshintergrund, die städtischen Radtouren wie zum Beispiel Bamberg on tour, uvm.
Mit einer rund 30-prozentigen Nutzung für alle Wege, hat das Rad einen Spitzenwert der Verkehrsmittelnutzung. Bei den Untersuchungen zum Sportentwicklungsplan wurde festgestellt, dass an der Spitze der in Bamberg betriebenen Sportarten mit 15 Prozent der Radsport ist, noch vor Laufen und Schwimmen. Interessant ist, dass auch bei den über 18-jährigen das Rad seine Spitzenposition behält. „Wenn in Bamberg irgendwo ein besonderes Ereignis stattfindet, kommen massenweise Menschen jeden Alters mit dem Fahrrad,“ freut sich Beese.
Doch auch die negativen Punkte in Sachen Radverkehr ließ Beese nicht unerwähnt: „Radwege werden zugeparkt durch Lieferverkehr, bei Baustellen gibt es keine Umfahrungswegweisen und an manchen Stellen beschränken Ampelmasten den Radweg auf einen absoluten Rest.
Zum Schluss beeindruckte Beese mit (Rad)-Impressionen und –Visionen aus der ganzen Welt: Von Kopenhagen bis Bogota zeigte er Fotos von Radschnellwegen, unterirdischen Radstellflächen, Radschienen, Griffen an Ampelmasten, Radstrecken entlang von Autobahnen oder rückwärts zählenden Fahrradampeln.
Trotz all der Errungenschaften für den Radverkehr, habe sich Bamberg beim aktuellen ADFC-Fahrradtest, gegenüber dem Ergebnis von 2014 leicht verschlechtert, bedauert Beese. Bamberg ist jetzt nach Schulnotensystem mit 3,9 statt 3,8 bewertet. „Auch wenn die Radwege nicht schmaler geworden sind und die Radmitnahme im ÖPNV sich nicht verändert hat, sind die Bewertungen gesunken. Diesen Trend bestätigte der ADFC Bundesverband auch im Medientermin: Gerade Städte, die aktiv sind, werden eher kritischer bewertet, weil die Erwartungshaltungen schneller wachsen, als die Infrastruktur mithalten kann. Bamberg wird also teilweise Opfer des eigenen Erfolgs,“ so die Bewertung des Baureferenten.
Bei wichtigen Themen, wie „Alle fahren Fahrrad“ (Note 2,7), „Stadtzentrum gut zu erreichen“ (Note 2,3) oder „Zügig und direkt zum Ziel“ (Note 2,6) punktet Bamberg und ist vorne mit dabei. Diese guten Bewertungen in Kernpunkten würden aber verwässert, durch Themen wie „öffentliche Leihradsysteme“ (Note 4,4) oder „Mitnahme ÖPNV“ (Note 4,7). „Wer aber braucht Mietradsysteme und Busmitnahme, wenn alle Fahrrad fahren, das Zentrum gut zu erreichen ist und man mit dem Rad zügig zum Ziel gelangt? Hier werden Großstadtthemen zu stark gewichtet“, so Beese abschließend. (PM)