Manche verstehen sich als das Maschinengewehr Gottes, andere holen die Kalauer-Bazooka heraus. Das Ziel kurz nach Aschermittwoch ist für alle Fastenprediger gleich: den Mächtigen über die Wichtigen bis hin zu den Wichtigtuern einen ordentlichen Blattschuss für ihr Handeln im jeweiligen Jahr zu verpassen. Bruder Udalrich alias Florian Herrnleben, diesmal in der Rolle als Röntgengerät Gottes, durchleuchtete bei der 9. Fastenpredigt im proppevollen Ziegelsaal gekonnt vor allem die Taten und Untaten in Rathaus und Verwaltung.
Und das bußbereite Volk, sicherlich auch nicht ohne Sünde im vergangenen Jahr, stand vor einer Gewissenfrage à la Robert Lembke: „Welches Schweinderdl hätten Sie denn gerne?“ Denn erstmals in der Geschichte der Domstadt konnte sich das gemeine Volk an diesem Abend entscheiden zwischen der „einzig und wahren Fastenpredigt“ von Udalrich im Bamberger Ziegelbau oder der zeitgleichen „etwas anderen Fastenpredigt“ von Abt Wolfram (Wolfgang Reichmann) in Hallstadt. Schon im Vorfeld flogen die Giftpfeile wegen des terminlichen Doppelswumms – und auch an diesem Abend gab es die eine oder andere Spitze.
Aber es gab auch gute Nachrichten: „Mit dem Atrium geht es voran!“ Wobei der „wahre“ Gottesmann, der mit sichtlich gestutzter Löwenmähne auftrat, sich beim Atrium an den letzten, noch nicht ausgepackten Umzugskarton erinnerte, an den man sich inzwischen gewöhnt habe. Dabei: „Der Bahnhof sieht aus, als hätte ein Praktikant mit Sprengsatz geübt!“ Lob bekam auch der Landkreis Bamberg, der nach monatelanger Findungsphase sich für ein geniales, neues Logo entschied: BA. Darauf muss man erstmals kommen…
Mitarbeiterbefragungen, nicht unterschriebene OB-Schreiben, vergessene Immobilien, Schlachthof, Machbarkeitsstudien, tatsächliche oder nur vermeintliche Digitalisierungsfortschritte in der Zulassungsstelle hatte Udalrich auf seinen geistlichem Schirm. Unter den Teppich wurde nichts gekehrt – das wäre auch bei den Feng Shui-Steinen in der Stadtbau schweißtreibend gewesen. Auch das Gezicke zwischen den CSU-Oberen Neller und Seitz war dem Prediger mehr als eine Zeile wert. Und so gab es Standing Ovations für die detaillierte Beschreibung des alltäglichen Verwaltungs- und Kommunalwahnsinns. Udalrich – ein Mönch mit Röntgenaugen.
Thomas Pregl