Seit über drei Jahrzehnten gibt es das „Katzeklo“ – und Helge Schneider machte bei seinem Auftritt am 20. März auch die Bamberger froh. Der „Universal Master of Blödsinn“ hatte schon bei seinen ersten Sätzen und dezenten Tönen das fränkische Publikum in der ausverkauften Konzerthalle auf seiner Seite. Von der wich es auch nicht mehr. Warum auch? Bei so viel gekonntem Entertainment, Frohsinn, sprachlicher Tiefe und auch musikalischer Qualität weiß man man, was man mit der immer jungen Strahlegestalt aus dem Ruhrpott hat.
Es gibt Künstler, die zerbrechen an ihrem One-Hit-Wonder aus ihrer pubertären und postpubertären Tagen. Nicht so Helge Schneider. Wie einen Gulasch, der am nächsten Tag immer besser schmeckt, kocht er „Katzeklo“ wieder und wieder auf. Sein „größter Erfolg“ werde inzwischen überall auf der Welt gesungen, in anderen Sprachen und mit „ganz anderem Text und ganz anderen Melodien“, verklickerte er seinem gemischten Publikum.
Mit Sandro Giampietro an der Gitarre, dem stoischem Kontrabass-Versteher Reinhard Glöder und dem Schlagzeuger Willy Kletzer setzte der Allround-Tausendsassa auch mit Klavier, Saxophon und Panflöte neben den bewussten Niederungen seiner Erzählungen auch musikalische Höhepunkte. Selbst das vermeintlich falsche Tönchen ist inszeniert – und damit nicht falsch, sondern ein virtuoses Ausrufezeichen in Schneiders neuem Programm „Katzenklo auf Rädern“.
Soll man dem Künstler seine Erzählungen glauben oder nicht? Saß er als 17-jähriger Bursche in einem Berliner Doppeldeckerbus Duke Elligton gegenüber? Hat er Hildegard Knefs verlorenes Gebiss mit dem Fuß wieder in ihren Mund gekickt, um Fingerspuren bei ihrer möglichen Ermordung zu vermeiden? Wurde das Baby nach der Taufe vom Pfarrer auf Verlangen der Eltern wirklich trockengeföhnt? Gab es die Mohairdecke von Tante Erna? Oder war sie nie gestrickt und erlogen? Drücken seine Kinder ihre emotionale Nähe zu ihm mit einem angesagten „Fuck off, Motherfucker“ aus? Letztlich weiß das nur Helge Schneider. Und so hämmert er auch mal mit der Schuhsohle aufs Klavier, derwischt selbst als 68-jähriger Jungbrunnen über die Bühne wie einst Schmidtschen Schleicher mit seinen elastischen Beinen.
Und Helge Schneider hat sichtlichen Spaß an der Freud, die er anderen bereitet. Wenn man über sich selbst lachen kann, ist das der Triumph über ein selbstgefälliges Ego. Wer wie Schneider über sich selbst grinsen kann, hat die höchste Stufe der Eigentherapie erreicht. Und wenn man bei diesem Erfahrungstrip auch noch das Publikum mitnehmen kann, braucht man weder Klo, Katze oder Einheimische zu fürchten. Es sei denn, man bewertet die Städte, wo man auftritt. „Bamberg ist die schönste Stadt im Umkreis von 100 Meter.“
Thomas Pregl