Warum können rund 6,2 Millionen Erwachsene in Deutschland nicht ausreichend lesen und schreiben, sind also gering literalisiert? Mit welchen Fortbildungen kann man betroffenen Menschen helfen? Das neu gestartete Projekt „Kognitive Grundlagen geringer Literalität Erwachsener“ (KogLit) untersucht, wie kognitive Ursachen zu geringer Literalität beitragen.
Abgeleitet aus den Ergebnissen der Untersuchungen werden Lernmodule für Betroffene entwickelt und in der Praxis erprobt. Für das Projekt kooperiert die Professur für Kognitions- und Emotionspsychologie der Universität Bamberg mit den Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz gGmbH) in Bamberg.
Unklar sind die Ursachen für geringe Literalität bei Erwachsenen
„Es gibt zahlreiche Forschungsergebnisse zur Lese- und Rechtschreibstörung bei Kindern“, erklärt Projektleiter Dr. Jascha Rüsseler, Professor für Kognitions- und Emotionspsychologie. „Dadurch wissen wir, dass zur Entstehung einer Störung kognitive Ursachen beitragen können, zum Beispiel Aufmerksamkeitsprobleme oder Schwierigkeiten, sich kurzzeitig Informationen zu merken.“ Inwieweit kognitive Faktoren auch eine Ursache für geringe Literalität bei Erwachsenen darstellen, ist jedoch bisher kaum erforscht. Ein Ziel des Projekts ist deshalb, kognitive Basisfunktionen, die für das Lesen wesentlich sind, bei gering literalisierten Erwachsenen zu untersuchen. Das Forschungsteam führt hierfür diagnostische Tests am Institut für Psychologie der Universität Bamberg durch.
Lernmodule für Alphabetisierungs- und Integrationskurse
Die identifizierten kognitiven Ursachen für geringe Literalität im Erwachsenenalter bilden die Basis, um Lernmodule für unterschiedliche Zielgruppen zu entwickeln: Dazu gehören Erwachsene mit Deutsch als Erstsprache, sowie in Deutschland lebende Migrantinnen und Migranten von geringer Literalität. Mithilfe der bfz entwickelt und erprobt das Forschungsteam die neuen Lernmodule in der Praxis. Dozentinnen und Dozenten können die Module schließlich in Alphabetisierungs-, Grundbildungs- und Integrationskursen einsetzen.
„Unser langfristiges Ziel ist es, Schriftsprachkompetenzen in verschiedenen Kursen effektiver zu vermitteln, um die Literalität der betroffenen Personen zu steigern“, sagt Jascha Rüsseler.
Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit insgesamt 397.814 Euro gefördert, wovon die Universität Bamberg 265.226 Euro erhält. Es dauert von Januar 2021 bis Dezember 2023. Weitere Informationen erhalten Interessierte unter: www.uni-bamberg.de/psychologie/professur-kognitions-und-emotionspsychologie/forschung/projekt-koglit
Das Projekt stammt aus dem Forschungsschwerpunkt „Empirische Sozialforschung zu Bildung und Arbeit“ der Universität Bamberg. Weitere Informationen und aktuelle Meldungen zum Schwerpunkt finden Sie unter www.uni-bamberg.de/forschung/profil/bildung-und-arbeit.