Mal Hü, mal Hott – und das im Covid-19-Schweinsgalopp. Mit der Ankündigung, die Impfpriorisierung in den Hausarztpraxen aufzuheben, wollte Bayern mal wieder die weißblaue Nase vorne haben. Kaum war die frohe Botschaft verkündet, sorgte eine Anweisung von Gesundheitsminister Klaus Holetschek für mächtige Verschnupfung in vielen Landkreisen und Städten. Demnach sollten in allen Impfzentren keine Erstimpfungen mehr mit BionTech und Moderna stattfinden. Als der Empörungstsunami über sein Ministerium zu schwappen drohte, dementierte Holetschek den Impfstopp umgehend. Ein internes Schreiben der Regierung von Oberfranken, das der FN vorliegt, sagt anderes aus.
Der Impfstopp-Anweisung war am Dienstag, 18. Mai, eine Videokonferenz des Bayerischen Staatsministeriums für Gesund und Pflege (StMGP) mit den Impfstoffkoordinatoren der Regierungen vorgeschaltet. In dieser wurde den Impfstoffkoordinatoren mitgeteilt, dass es „unabdingbar sei, bayernweit Reserven von den Impfstoffen der Firmen BioNTech und Moderna aufzubauen, um die erforderlichen Zweitimpfungen in den kommenden Wochen sicherzustellen“.
Dass dieses Ziel nur durch einen Impfstopp zu erreichen ist, war allen Konferenzteilnehmern klar. Darum wurden die hiesigen Impfzentren und ihre mobilen Teams von der Regierung von Oberfranken informiert und gebeten, „ab dem 19.052021 keine Erstimpfungen mehr mit den Impfstoffen der Firmen BioNTech und Moderna durchzuführen.“ Erstimpfungen mit diesen Impfstoffen „dürfen ab morgen (Mittwoch, 19.05, die Redaktion) nur noch durchgeführt werden, um einen Verwurf von Impfstoffen zu vermeiden.“ Dieses Schreiben der Regierung von Oberfranken steht im krassen Widerspruch zu Holetscheks Dementi. „Die Zuweisungen von Impfstoffen der Firmen BioNtech und Moderna wird sich bis auf Weiteres ausschließlich an dem uns gemeldeten Bedarf für Zweitimpfungen orientieren.“
Dass es das Gesundheitsministerium ernst mit dem Impfstopp war und die Regierungen darum am ganz kurzen Zügel führen will, wird durch eine kaum verklausulierte Drohung deutlich: „Das StMGP behält sich vor, den in den Impfzentren lagernden Bestand von Impfstoffen…regelmäßig abzufragen und anhand der Dokumentaion…zu überprüfen, ob in den Impfzentren weiterhin noch regelmäßig Erstimpfungen mit den Impfstoffen der Firmen BioNTech und Moderna durchgeführt werden.“
In einer Nachtsitzung konnten Kreis und Stadt Bamberg zumindest erreichen, dass die beiden Impfstoffe entgegen der ursprünglichen Direktive weiter für Erstimpfungen verwandt werden dürfen. Allerdings, so die Leiterin des Bamberger Impfzentrums „zunächst nur bis Sonntag“. Eine 66-jährige Frau, erst kurz vor der doch noch möglichen Erstimpfung per SMS informiert, kommentierte den Kommunikations-GAU: „Da sind Blinde am Werk, die Blinden den Weg zeigen wollen!“
Thomas Pregl