Anzeige

Fastenpredigt: „Die ganze Korona ist da!“ – Abt Wolfram I.: Zwischen Kalauer und Politiker-Schelte

Aktuelles
Frauenband „Kaufmannsware“ bei der Fastenpredigt - Foto: Thomas Pregl

Hallstadt. Fastenpredigt in Zeiten von Corona – geht das überhaupt? Es geht, wenn der Veranstalter „Coronex rathiopharm, ein Schmalspur-Anti-Idiotikum gegen Panikmache und Hamsterkäufe“, einen schwarzen Abt Wolfram I. (alias Wolfgang Reichmann) als Prediger sowie mit der blasenden und trällernden Frauen-Combo „Kaufsmannware“ vier wilde Schlehen aus der Rhön als Prophylaxe anbietet. Und so füllten nicht nur die kleinen Sünderlein, sondern auch die großen Kommunalpolitiker aus Stadt und Land den Hallstadter Kulturboden bis auf den letzen Platz. Bei Bockbier und Leberkäse flutschte mancher Kalauer und manch´ gekonnte Breitseite gegen die Volksvertreter gut in den Verdauungstrakt.

Die Überraschung der inzwischen vierten „Etwas anderen Fastenpredigt“ war sicherlich der Auftritt der mit einander hochgradig verwandten Frauenband „Kaufmannsware“, die nur „wegen der Leud“ gekommen war und mit hintergründigem Humor, tollen Stimmen und einer rasanten Mundart-Ralley die Fastenden auf eine augenzwinkernde Tour durch ihr Alltags- und Liebesleben nahmen.

Abt Wolfram I. begrüßte gleich zu Beginn seiner Philippika seine Schäfchen mit dem Angstthema dieser Tage: „Die ganze Korona ist da – nur ohne Virus“. Ob er mit der „ganzen Korona“ die zahlreichen Bürgermeister, Ortsparteivorsitzenden, Landrats- und Kommunalkandidaten meinte, die angstvoll, aber zugleich auch freudig erregt an den Promtischen wie in einem überfüllten S/M-Studio auf seine Peitschenschläge warteten, ließ der Kuttenträger allerdings offen.

Begleitet von immer wieder eingespielten Videoclips spannte Reichmann einen weiten Bogen von Kalauern über Herrenwitzen bis hin zu den Vergehen der großen Berliner und Bamberger Politik. Claudia Roth ging er an, weil sie die 41 00 Likes für ihre Flugreisen im Namen der Umwelt löschte. CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer bescheinigte er die „Maut- und Klauenseuche“ und die Kanzlerin sah er allein auf weiter Flur: „Der Einzige, der noch geschlossen hinter Angela Merkel steht, ist der Berliner Flughafen!“

Auch die Lokalpolitik bekam ihr Fett weg. „Millionen gehen baden im Bambados – Gäste, aber auch Euros“, schwamm sich Wolfram I. im Applaus frei. Mit dem Wahlkampfslogan der Grünen „Mitmachstadt“ konnte er wenig anfangen. „Da wird die Stadt noch einiges mitmachen“. Auch auf  den ungezügelten Massentourismus von „Boot-People“, den seit 10 Jahren fehlenden Bau von Sozialwohnungen und die Plakatflut der Parteien schoss er sich ein. Und auch wenn die Wahlen geheim sind, so ließ sich der schwarze Abt doch über die Schulter gucken: „Ich mache Briefwahl. In meinem Alter kann ich das Wort Urne nicht mehr hören!“

Thomas Pregl

Zurück zum Seitenanfang