Er ist Conférencier, Ankobberer, Freund, Master of Ceremonies, Charmeur, Frauen- und Enkelversteher, Entertainer, Schlitzohr, Zuhörer und Hopfenliebhaber – für seine Gäste aus nah und fern ist er einfach Kult. Helmut Kann, der Wirt mit der poppigen Brille und dem liebenswerten Macho-Bart, kann ungestraft die Jahrzehnte verstreichen lassen, ohne seine aphrodisierende und stimmungsaufhellende Wirkung zu verlieren. Genie und Wahnsinn geben sich bei ihm die Hand – jetzt wurde der Gastronom von „Helmut´s Hofschänke“ auf Gut Leimershof 70 Jahre jung.
Als er mit einem kräftigen Urschrei in Bamberg geboren wurde, ahnte noch niemand, dass dem nackten, strampelnden Etwas ein spannender Lebenslauf mit in die Wiege gelegt wurde. Nach dem Besuch der einklassigen Volksschule in Hohengüßbach versuchte sich das Geburtstagskind mehr oder weniger erfolgreich an mehreren Gymnasien und Internaten und füllte eine Schülerakte nach der anderen gemäß seinem Motto, sich von der Schule den Charakter nicht verderben zu lassen. In der Kopfnote stand der Satz nie, doch er wurde zu seinem Lebensmotto: „Ich habe das selbstständige Denken nie verlernt!“
Seine Wirkung auf Frauen bemerkte der Bub schon früh – ein Talent, an dem er stets feilte, werkelte und es so veredelte. Legendär wurde sein Balzversuch auf dem Kreislehrgut in Bayreuth, wo er sich zum Landwirt ausbilden ließ. Die hübsche Frau des Direktors hielt er für eine Schülerin – und dementsprechend groß war sein Bemühen, ihr Herz zu erobern. Als er den Irrtum feststellte, entschuldigte er sich galant mit einem Strauß Blumen. „Danach genoss er ziemlich viele Freiheiten“, erinnert sich eine Zeitzeugin an „Helmut, den Wilden“.
Erfolgreicher war dann die zweite große Charming-Attacke des fränkischen Unikums, das ab 1975 den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern übernommen hatte. 1983 heiratete er „seine“ Elisabeth. Ein wahrer Glücksgriff für Helmut. Denn „Lizzy“ stand ihm immer zur Seite, wenn er Unmögliches möglich machen wollte. Nach Einstellung der Landwirtschaft setzte er den Bau des Golfplatzes als erste existenzsichernde Maßnahme durch, dann wurden die maroden Gebäude saniert. Es entstanden Ferien- und Mietwohnungen. 1995 erfolgte der erste Spatenstich für die Reitanlage.
Da auch der größte Reitersmann irgendwann aus dem Sattel klettert, weil es ihm nach einer kühlen Gerstensaft dürstet und sein Magen nach einem Knöchla knurrt, entstand 1997 seine Hofschänke, die in diesem Jahr 25jähriges Bestehen feiert. Die Kultgaststätte, wo es tatsächlich Schäuferla auf der Schaufel und bewusstseinveränderndes LSD-Bier gibt, ist ein Traum in Farben, Dekos, Gags und Blumen. Namhafte Bands, Künstler und Kabarettisten gaben und geben sich hier bei Veranstaltungen die Klinke in die Hand. Zum Mittelaltermarkt und zum US-Car-Treffen im September kommen tausende Fans. Und weil es so schön ist, trauen sich sich auch viele, sich hier das Ja-Wort zu geben. Eigene Kirche und Standesamt sind vorhanden.
„Dass Helmut jetzt seinen 70. Geburtstag feiert, müssen wir alle, seine Söhne, die drei Enkelkinder, die Freunde, unsere Gäste, aber auch ich erst noch begreifen“, schmunzelt Elisabeth Kann, die in der Küche der Hofschänke nimmermüde den Kochlöffel schwingt. „Ein Rentner auf Kaffeefahrt wird er jedenfalls nie!“ Ein Kult wird 70, aber nie alt…
Thomas Pregl