Jede bierseelige Diskussion in Bamberg droht zu eskalieren, wenn es um die Frage geht, wie viele Brauereien hat denn die Domstadt nun? Konservative Trinker kommen auf neun Brauereien, progressive sogar auf bis zu fünfzehn. Über solche Zahlen kann Hannes Sträßle, trotz seines schwäbischen Namens ein Urbamberger, nur müde lächeln. Immerhin hat der hobbymäßige Gerstensaft-Experte um 1817 noch 64 Brauereien im Stadtgebiet ausgemacht. Bei seinen leicht- bis mittelprozentigen Exkursionen durch die Bamberger Biergeschichte zeigt er Touris und Einheimischen die ehemaligen Braustätten.
Allein auf dem Alten Steinweg – heute Obere/Untere Königsstraße und Siechenstraße – gab um 1800 herum 23 Brauereien, wie Perlen an einer Kette aneinandergereiht. Heute sind sie noch an ihren prächtigen Auslegern und den runden, großen Torbogen zu erkennen – schließlich mussten die Bierpferdegespanne zum Be- und Entladen in die Innenhöfe. „Schwarzer Ochse“, „Eckbräu“, „Mohrenpeter“, „Großkopf“, „Goldenes Einhorn“ oder „Prinz Karl“ hießen die Tempel der Bamberger Braukunst, die über eine jahrhundertelange Tradition vorweisen konnten, bevor sie wegen Feuer, Hochwasser, Konkurrenz, Erbstreitigkeiten, fehlendem Nachfolger oder Infrastrukturmaßnahmen für immer ihre goldenen Zapfhähne zudrehen mussten. So fiel die „Goldene Rose“, die genau auf der heutigen Kreuzung zwischen Obere Königsstraße und Luitpoldstraße stand, der Eisenbahn zum Opfer. Die Güter und Passagiere vom neuen Bahnhof mussten in die Stadt – darum wurde für die passende Straße eine Schneise ins Stadtbild geschlagen.
Bier wurde schon immer in Bamberg getrunken, weiß Sträßle zu berichten. Und das auch aus einem hygienisch-medzinischem Grund. „Das Wasser der Regnitz war durch Fäkalien, Tierreste und das Tränken des Viehs ungenießbar.“ Darum musste Bier als Getränk her. „Früher hat quasi jedes Haus selber gebraut. Und für die Kinder gab es ein verdünntes Bier – das so genannte Henzlein“, so der Bierologe. Er weiß selber nicht so recht, wie lange er noch den Bierführer in Bamberg machen will. Schließlich ist er schon seit 22 Jahren Rentner. Doch das flüssige Gold hat es ihm angetan: „Bamberg und mein Bier – die lassen mich nicht los!“
Thomas Pregl