Dr. Klaus Weiner ist Ärztlicher Leiter am Impfzentrum Bamberg in der Brose-Arena. Im Interview beantwortet er die wichtigsten Fragen zum AstraZeneca-Impfstoff
Sehr geehrter Herr Dr. Weiner, wirkt AstraZeneca besser oder schlechter als andere Impfstoffe?
Alle zugelassenen Impfstoffe sind hochwirksam und sicher, AstraZeneca macht da keine Ausnahme. Die Zulassungsstudien deuten zunächst auf eine 70%ige Wirksamkeit hin. Dies schien, gemessen an 95% bei BionTech und 94% bei Moderna, zunächst einmal niedriger und somit „schlechter“ wirksam. Nach millionenfacher Verimpfung in Großbritannien zeichnet sich jedoch ein anderes Wirksamkeitsprofil ab: Das Risiko für einen Klinikaufenthalt wird laut einer schottischen Studie bereits nach Verabreichung der ersten Impfdosis um 94% reduziert. Bei BionTech sind es „nur“ 85%. Daraus ist ersichtlich, dass man sich bei der Beurteilung von „besser oder schlechter“ nicht nur auf eine Zahl verlassen sollte. Abschließende Daten liegen leider naturgemäß noch nicht vor.
Wie verhält es sich mit Impfreaktionen und Nebenwirkungen?
Impfreaktionen sind bei AstraZeneca etwas häufiger, zumal bei jüngeren Personen das Immunsystem noch stärker reagiert als bei älteren Menschen. Eine Reaktion auf die Impfung ist zwar unerwünscht, spricht aber für eine gute Immunantwort und ist harmlos. Vielleicht noch eine Unterscheidung zur Klärung: Unspezifische Symptome nach einer Impfung wie leichtes Fieber, Gliederschmerzen, oder Kopfschmerzen sind keine Nebenwirkung einer Impfung, sondern eine Impfreaktion. Diese Reaktionen sind Ausdruck der erwünschten Auseinandersetzung des Immunsystems mit dem Impfstoff und klingen in der Regel nach wenigen Tagen komplett ab. Nebenwirkungen sind schwere und anhaltende Impfkomplikationen oder -schäden.
Warum steht der Impfstoff in der Kritik?
Der Hauptgrund dürfte sein, dass die Zulassung in Deutschland durch die verantwortlichen Stellen zunächst nur für 18- bis 65-Jährige erfolgte und die Begründung nur schlecht erklärt wurde. Nämlich: In den zur Zulassung führenden Studien war nur die angesprochene Altersgruppe vertreten, es lagen also keinerlei Daten für Ältere und Jüngere vor. Folgerichtig erfolgte die Zulassung nur für den getesteten Personenkreis. Dies unterstreicht nur den hohen Sicherheitsstandard, auf den wir in Deutschland zurecht stolz sein können. Aufgrund neuer, aktueller Datenerhebung ist die Altersbeschränkung für über 65-Jährige bereits aufgehoben. Weitere Gründe für den Vorbehalt gegen diesen Impfstoff liegen wohl in dem schwierigen, für einen Laien schwer nachvollziehbaren Wirksamkeitsnachweis, wie oben beschrieben.
Gibt es Studien, die beweisen, dass AstraZeneca besser als sein Ruf ist?
ine von schottischen Universitäten für die schottischen Gesundheitsbehörden erstellte Studie wurde jüngst veröffentlicht (Preprint im LANCET, Universität Edinburgh: „Effectiveness of First Dose of Covid-19 Vaccines Against Hospital Admissions in Scotland: National Prospective Cohort Study of 5.4 Million People“). Eine weitere englische Studie („Public Health England“), kommt zu folgendem Ergebnis: Ältere (Priorisierungsstufe 1 entsprechend) haben bei BionTech und AstraZeneca einen vergleichbaren Schutz. Die Zweitimpfung mit AstraZeneca erfolgt im Übrigen nach vier bis zwölf Wochen.
Wie verhält es sich mit der Ansteckungsgefahr für andere nach einer Impfung mit AstraZeneca?
Noch gibt es dazu keine belastbaren Daten, diese müssen in weiteren Studien erhoben werden. Dafür reicht der seit Impfbeginn verstrichene Zeitrahmen nicht aus.
Was sagen Sie Menschen, die den Impfstoff ablehnen?
AstraZeneca ist kein Impfstoff „zweiter Klasse“, er ist hoch wirksam und sicher.