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Premiere von “Shades of Schmalz Forever!“ im nana-theater: Kann Literatur wirklich so schlecht sein?

Aktuelles
Hanuta Gonzales und Ursula Gumbsch

Kann Literatur wirklich so schlecht sein? Ja, sie kann. Und sie kann noch schlechter sein. Hanuta Gonzales und ihre geniale Lästertante Ursula Gumbsch präsentierten im nana-Theater mit ihrer respektlosen und bösen Buchbesprechung „Shades of Schmalz Forever!“ auf der nach unten offenen Peinlichkeitsskala Weltliteratur – und solche, die sich dafür hält – zwischen Schnappatmung, Kopfschütteln, fassungslosem Staunen und befreiendem Lachen. Nach diesem Abend muss die Geschichte der Buchstaben, Zeilen und Blätter neu geschrieben werden.

Vor der Bühne stapelte sich die Schundliteratur wie Scheitholz – vom Spiegel-Bestseller über Bastei-Heftchen und AfD-Verschwörungsgeschreibsel bis hin zu den nobelpreisverdächtigen Memoiren der geliebten C-Promis und abgewrackten Bekenntnissen von Bobele (das war der mit dem oralen Zeugungsakt in der Besenkammer). Hanuta und Ursula stand die Vorfreude auf ihren über zweistündigen Bücher-Verriss schon bei ihren ersten Worten ins Gesicht geschrieben. Das Bamberger Reich-Ranicki-Duo der Schund- und Schmalzliteratur ließ seiner Mimik chirurgische Worttaten folgen. Ihre Zungen waren wie unerbittliche Seziermesser, die gekonnt durch die Peinlichkeiten und den selbstverliebten Leib des gedruckten Wortes fuhren.

Tampon-Gate bei Daniela Katzenberger oder beim Telefongesülze zwischen Prinz Charles und Camilla, Ant-Aging-Ratgeber für Hunde, kitschige SM-Fantasien in „50 Shades of Grey“, Alltagsweisheiten eines Überlebenskünstlers auf dem Niveau von Edeka-Kalendersprüchen, Kopulationsgeschnaufe von Werwölfen oder die „Ländersammlerin“, die von keinem besuchten Land erzählt, aber alle gleich aussehenden Hostels in ihrem Welterfolg beschreibt –  es war furchtbar. Furchtbar schön. Furchtbar schräg. Furchtbar gut. Auch die hiesige Corona-Literatur war dem Duo Infernale der Buch-Exegese ein Dorn im Auge – „die Maske ist das neue Kondom“.

Die beiden Ankläger waren sich nicht immer grün. Ein „Vertrag“ verband sie, aber die Auslegung desselben führte beiderseits zu Irritationen. Konnte und durfte man alles, was der literarische Sondermüll des gedruckten Wortes so ausstrahlte, auch auf die Bühne bringen? Durfte man ihn sogar besingen? Letztlich waren das für Hanuta Gonzales und Ursula Gumsch keine Fragen. Kollateralschäden gab es nicht. Im Gegenteil: Das augenzwinkernde, satirische bis derbe Sightseeing durch die entsetzliche Bücher-Hölle mit himmlischer Schauspielkunst begeisterte das Publikum. Donnernder, minutenlanger Applaus war die einzig gute Seite bei dieser grandiosen Führung durch die gewaltige Welt der Schmalz- und Schundliteratur.

Thomas Pregl

 

Weitere Termine von „Shades Of Schmalz Forever!“ im Oktober:

Do 10.10., ab 19.30 Uhr

So 13.10., 17.00 Uhr

Fr 18.10., 20.00 Uhr

So 20.10., 17.00 Uhr

Siehe auch: https://clubkaulberg.jimdofree.com/spielplan/

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