Wie sieht die Zukunft 2050 aus? Wie wird sich unser Leben in 32 Jahren verändern? Welche Veränderungen wünschen wir für unser Bamberg, damit auch unsere jetzt noch kleinen Kinder in einer lebenswerten und attraktiven Stadt leben und arbeiten können? Auf Einladung der Volkshochschule Bamberg Stadt (VHS) und der Mediengruppe Oberfranken (MGO) diskutierten rund 40 Bamberger Bürgerinnen und Bürger in den Räumen der MGO Wünsche und Visionen. Den Impuls für die Diskussion um die Zukunft – zu den Bereichen Wohnen, Arbeiten, Lernen und Kommunizieren sowie Mobilität im Jahr 2050 – gab Dr. Manfred Riederle, stellvertretender Geschäftsführer des Bayerischen Städtetags aus München. In anschließenden Workshops entwickelten die Teilnehmenden ihre Wünsche an die Stadtspitze. Diese wurden von der Grafikerin Ulrike Mahr visualisiert. Kulturbürgermeister Dr. Christian Lange zeigte sich begeistert und versprach, die Ideen in den Stadtrat weiterzuleiten.
In seinem Impulsvortrag verwies Dr. Riederle zunächst auf Entwicklungen und Zahlen, die Zukunftsforscher weltweit voraussehen: das steigende Alter, zunehmende Krankheiten, Altersarmut und Singularisierung der Gesellschaft. Daraus leitet sich steigender Wohnraumbedarf ab. Die Politik müsse der Vereinsamung entgegenwirken.
Die demographische Entwicklung verändert auch die Arbeits- und Bildungswelt. Sie wird geprägt sein von den Stichworten Digitalisierung und Künstliche Intelligenz. Gleichzeitig sollen Glücksorientierung und soziales Miteinander nicht außen vor bleiben. Auf diese künftigen Lern- und Bildungsanforderungen muss die Schule 4.0 entsprechend reagieren, bislang herrsche bei der Umsetzung von neuem Lernen ein Defizit, so Dr. Riederle. „Es reicht nicht, ein elektronisches Whiteboard ins Klassenzimmer zu stellen und dieses wie die althergebrachte Kreidetafel zu verwenden.“ Letztlich gehe es um eine Revolution der Bildungssysteme. Es komme darauf an, die Schlüsselfähigkeit zu schulen, sich selbst etwas beizubringen, das Lernen zu lernen und zwar lebenslang, ein Motto, das die Volkshochschulen schon lange propagieren und umsetzen.
Für eine lebenswerte Zukunft muss nach den Worten des Referenten der ÖPNV weiter ausgebaut werden muss. Ein weiterer Baustein sei die „Nahmobilität“ durch Fußverkehr und Radverkehr, Region der kurzen Wege, darüber hinaus multimodaler Verkehr und drastische Verkehrsreduktion durch ortsunabhängige Arbeitsplätze. In Bamberg nehme der ÖPNV bereits jetzt eine Spitzenstellung ein. Die Bildung habe mit der Universität einen Spitzenvertreter. Und in der Weiterbildung stehe die VHS Bamberg Stadt bundesweit an herausragender Stelle, so Dr. Riederle. In diesem Sinne empfiehlt er, die Stärken zu stärken und die Schwächen im Auge zu behalten und zu reduzieren. Wichtig sei ein konkreter Plan für die Zukunftsgestaltung, dazu solle ein Zeitplan aufgestellt und konkrete Einzelziele formuliert werden. Der Impulsvortrag von Dr. Riederle kann unter dem Link www.stadt.bamberg.de/Denkwerkstatt nachgelesen werden.
In vier Workshops konnten die Teilnehmenden diese Impulse in eigenen Visionen konkretisieren. Mit Experten wie Veit Bergmann (Geschäftsführer Stadtbau GmbH) für Wohnen, Josef Lehner (mei audo – Carsharing) für Mobilität, Dr. Matthias Pfeufer (Leiter Bildungsbüro der Stadt) für Bildung und Kommunikation und Peter Wilfahrt (ehemals IHK Oberfranken Bayreuth, Leiter Referat IT Sicherheit, jetzt Start-Up-Unternehmer) für Arbeiten machten sich die Gruppen – angeleitet von Moderatoren der MGO – eigene Gedanken für ein zukünftiges Bambergs. Die Ergebnisse wurden ebenfalls im graphic recording der Kronacher Künstlerin Ulrike Mahr festgehalten.
Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen:
Arbeitsgruppe Wohnen: Wie soll Wohnen sozial gestaltet werden? Z.B. Quartierswohnen mit gegenseitiger Hilfestellung und Kontakten, Leben in Wohngemeinschaften, aber auch virtuelle Wohngemeinschaften könnten Interessen bündeln und der Singularisierung entgegenwirken. Zur Nachverdichtung des Bebauungsplans gab es auch Ideen wie Stelzenhäuser über Parkplätzen oder eine Bebauung über dem Rhein-Main-Donau-Kanal. Ein Kataster für Leerstände und Kleinbaulücken wurde angeregt.
Arbeitsgruppe Mobilität: Ziel: Eine von privaten Autos freie Stadt 2050 bei Grundrecht auf erschwingliche Mobilität, gefördert durch ÖPNV, des Weiteren über Carsharing, autonom fahrende Rufbusse sowie Mitfahrgelegenheiten über digitale Services.
Arbeitsgruppe Bildung und Kommunikation: Diese Gruppe erarbeitete zwei unterschiedliche Aspekte. Für die Kommunikation gab es den Wunsch nach dezentralen Bürgerhäusern, in denen unentgeltlich und hierarchiefrei diskutiert, kreativ geschaffen und gelernt werden könne. Bei der Bildung ging es in erster Linie um die Teilhabe aller an der immer stärker sich verändernden Bildungslandschaft. Keiner solle abgehängt werden: Stichworte Integration und Inklusion.
Arbeitsgruppe Arbeiten: Wie wollen wir arbeiten? Diese Fragestellung – verquickt mit der Mobilitätsfrage nahm Co-Working-Spaces (Büroräume/Arbeitsplätze, die zeitlich befristet gemietet werden) und Home-Office als zukunftsträchtige Arbeitsformen in den Blick, die zum einen Ressourcen schonen und zur persönlichen Zufriedenheit beitragen Der dringende Appell der Gruppe an die Politik: Digitale Infrastruktur auf zeitgemäßem Niveau bereitstellen.
Die genauen Ergebnisse der Arbeitsgruppen sind online zu finden unter: www.infranken.de.
Die Ergebnisse, die pointiert und anschaulich im Graphic Recording festgehalten sind, wurden von MGO-Geschäftsführer Walter Schweinsberg an den sichtlich begeisterten Bürgermeister Dr. Lange übergeben. Beide waren sich einig, dass die gezeichneten Ergebnisse in einer Ausstellung der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollen. Lange freute sich über das gelebte Einbringen der Bürger als gute und notwendige demokratische Kultur und dankte für deren Engagement. Er versprach, dass die Ergebnisse und Ideen der Denkwerkstatt bei den Zielsetzungen der Stadt Bamberg Beachtung finden. Einhellige Meinung der Anwesenden war es, solche Formate und Themen häufiger anzubieten. Schließlich sei 2050 bei genauer Überlegung nicht mehr weit entfernt. Die Zukunftsgestaltung sollte man rechtzeitig in die Hand nehmen, so der Tenor der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. (PM)